MACHT NICHTS!
Stadt erleben_
Aktuell
„Geflecht“
Gruppenausstellung in der
Spinnerei Leipzig
LAUFZEIT
11. Oktober – 26. Oktober 2025VERNISSAGE
Freitag, 10. Oktober 2025 ab 18 UhrORT
Werkschauhalle 12Baumwollspinnerei Leipzig
Spinnereistraße 7
04179 Leipzig
KURATION
Eliane Diur, Franziska Dathe, Julia Hochbaum, Oliver Schwulst, Ivo Zibulla, Martin Ziegler, Thomas WelkeKÜNSTLER*INNEN
Raisa Bosich, Eliane Diur, Hillerbrand+Magsamen, Julia Hochbaum, INK, Selma Kan, Soojie Kang, Rosa Kirsch, Falko Kitsche, Benjamin Kunath, Kaarina-Sirkku Kurz, Chiemi Miura, Therese Mieth, Theresa Möller, Lisa Palm, Karlotta Pöschko, A.B.Rausch, Gabi Rets, Nina Santamarina, Janek Sänger, Andreas Schlesinger, Andreas Schröder, Tayyib Sen, Oliver Schwulst, Felicia Simon, Studio JUMI, Jeanette Szirmay, Franca Ullrich (Frank Jewels), Nayeli Vega Vargas, Martin Voigt, Marco Zebrowski, Rei Zukidou, Ivo Zibulla, Martin ZieglerWeitere Informationen:
https://www.zfk-kunstverein.com/geflecht
Knoten zu knoten. Faden an Faden, Strang an Strang. Verwoben, verwickelt, versponnen.
Sichtbar oder unsichtbar? Zufall oder Schicksal? Oder beides?
Geflechte entstehen in der Natur, in unseren Gedanken, in unseren Händen. Sie tragen Erinnerungen, Traditionen, Identitäten - und damit auch uns Menschen. Sie formen ein Gewebe von Ideen und Geschichten.
Gehalten von Spannung, getragen von Mustern... Nichts steht für sich allein. Alles greift ineinander.
Geflechte sind allgegenwärtig in unserem Alltag und finden sich in den unterschiedlichsten Formen wieder. Sie durchziehen viele Bereiche unseres Lebens, sei es in Beziehungen, im Straßenbahnnetz, in unserem Gehirn mit seinen Nervenzellen, den Wurzeln eines Baumes oder auch den Kopfhörern in unserer Hosentasche. Auf den ersten Blick mögen sie unübersichtlich erscheinen, doch wer einenSchritt zurücktritt, erkennt, dass all diese vielen kleinen Verbindungen zusammen ein großes, lebendiges Ganzes bilden. In dieser Verbundenheit, die auch Bedingtheit – ein Sich-Brauchen –bedeutet, zeigen sich Sinn und Wesen des Lebendigen.
Geflechte laden dazu ein sie zu orten, sich zu ihnen zu verhalten, sich an ihnen auszurichten oder sie zu erforschen. Fragen zu Stabilität, Zugänglichkeit, Zugehörigkeit, Weitläufigkeit, Dichte oder Veränderlichkeit von Geflechten drängen sich dabei auf. Welche Geflechte begegnen dir? Und: wie verhalten sich persönliche, kulturelle oder politische Geflechte zueinander?
Artist Statement
Meine Arbeit gilt den Orten, die mich umgeben – eingefroren und stummgeschaltet, zurück ins Gedächtnis gerufen. Wohn- und Arbeitsorte, Transiträume, urbanes Terrain. Meine künstlerische Praxis ist angetrieben von der Faszination von menschlichen Eingriffen und Hinterlassenschaften, die unseren Drift im Alltag prägen und ebenso stark in Lebensräume eingreifen, sie entfremden oder zerstören.
Ich nutze die „Dérive“, um der Stadt als Beobachter zu begegnen. Im vermeintlich ziellosen Drift finde ich einen Raum jenseits des Spektakels. Es ist eine Praxis, die sich dem kontrollierten Blick entzieht und urbane Strukturen in ihrer fragmentierten, atmosphärischen Präsenz erfahrbar macht. In meiner Arbeit geht es mir vorrangig um eine re-arrangierte Bestandsaufnahme der Alltagsräume, die durch kommerzielle oder ideologische Logiken gefiltert sind. Sie werden in meiner Arbeit neugeschichtet, verdichtet und in ihrer Summe an Assoziationen und räumlichen Eindrücken archiviert.
Neben meinen Zeichnungen gehe ich auch in meinem Malereien zeichnerisch vor und gebe der Linie einen besonderen Stellenwert. Homogene Farbflächen kollidieren mit starren Graphitlinien und treffen auf organische Kurven, die ihr Raster durchbrechen. Zähe, ölige Patina wird durch tiefe Kratzer durchtrennt und strukturell aufgerissen. Im Netzwerk aus Linien und Flächen entstehen neue Raumdimensionen als ein lebendiges, sich ständig wandelndes Gebilde.
„Sous les pavés, la plage!“ – oder auch: Unter jeder Gehwegplatte liegt ein Sandkasten.
---ENGLISH---
My work is dedicated to the places that surround me - frozen and muted, recalled to memory. Living and working places, transit spaces, urban terrain. My artistic practice is driven by a fascination with human interventions and legacies that characterise our everyday drift and intervene just as strongly in living spaces, alienating or destroying them.
I use the technique of the ‘dérive’, a concept with which I pay homage to the supposedly aimless drift through the city and the experience of the ‘anti-spectacle’. In it, I come to rest, transforming myself from participant to observer. In doing so, I dissect the city into its fragments in order to subsequently reconstruct them in my works. I am primarily concerned with a re-arranged inventory of urban structures, which emphasises complexity and diversity, archives site-specific associations and makes them tangible again in their spatial dimensions and wealth of impressions.
In addition to my drawings, I also take a graphic approach in my paintings and give the line a special status. Homogeneous areas of colour collide with rigid graphite lines and encounter organic curves that break through their grid. Tough, oily patina is cut through by deep scratches and structurally torn open. In the network of lines and surfaces, new spatial dimensions emerge as a living, constantly changing structure.
“Sous les pavés, la plage!” - or also: under every pavement, a sandpit.
Werkserie
„HWB“
HWB (Heimwerkerbedarf) ist eine Serie kleinformatiger Malereien, entstanden während meines kurzen Atelieraufenthalts in einer ehemaligen Tischlerei im Hamburger Westen.
Der Raum war provisorisch, baulich roh. Die Arbeitsbedingungen ließen jeweils nur eine begrenzte Zeit pro Bild zu. Die Malereien sind in einem Zug ausgeführt. Alle Ansichten sind frontal und die Bildformate sind reduziert. Im Vergleich zur Serie AFA sind die Arbeiten einfacher gebaut, offener, weniger verflochten.
Inhaltlich bleibt meine Beschäftigung mit Stadtraum zentral. Die Serie ist geprägt von der Arbeitsweise vor Ort und versteht sich als lose Sammlung kurzer Beobachtungen.
Werkserie
„AFA“
AFA (Altes Finanzamt Altona) ist eine Serie von Malereien, die zwischen 2022 und 2025 während meiner Atelierzeit im gleichnamigen Gebäudekomplex in Hamburg-Altona entstanden ist. Die Arbeiten basieren auf meiner forschenden Auseinandersetzung mit urbanem Raum.
Die Serie knüpft an meine Praxis des städtischen Umherschweifens an. Beobachtungen, Skizzen und Ortsfragmente werden gesammelt, gesichtet und im Atelier in mehrschichtige Bildkompositionen übersetzt. Viele Bilder zeigen konstruierte Eckansichten oder räumliche Überlagerungen. Es entstehen keine konkreten Abbilder, sondern visuelle Verdichtungen der wahrgenommener Räume.
Auch wenn die Bildräume nicht an einen konkreten Ort gebunden sind, spielt ihr formaler Entstehungsort eine prägende Rolle: Das Atelier lag im mitten im Zentrum über der Fußgängerzone „Neue Große Bergstraße“ mit Blick auf eine dichte Struktur aus Nachkriegsarchitektur, Hinterhöfen und Durchgängen auf deren Rückseite.
Werkserie
„GRK“
GRK (Geometrische Raumkonstruktionen) ist eine fortlaufende Serie von Zeichnungen auf Papier, die seit 2017 in verschiedenen Abschnitten entsteht. Im Mittelpunkt stehen abstrakte Raumgebilde, die keinem realen Ort zugeordnet sind. Die Kompositionen entstehen als freie, geometrisch aufgebaute Konstruktionen, losgelöst von konkreter Umgebung.
Die Serie reagiert auf räumliche Erfahrungen, setzt diese jedoch nicht in Abbilder um. Es geht um ein zeichnerisches Nachdenken über Dreidimensionalität, über Raum als Vorstellung.
Von Zyklus zu Zyklus verändert sich die Formensprache der Serie. Gemeinsamer Nenner bleibt das kleinformatige Papier und das Spannungsverhältnis zwischen Linie, Fläche und Volumen. Konstruktionen treffen auf organische Kurven, Farbflächen stehen neben präzisen Liniengefügen.
Der Arbeitsprozess ist offen angelegt. Viele Zeichnungen entstehen impulsiv, vergleichbar mit dem Prinzip des automatischen Schreibens. Formen werden nicht geplant, sondern entwickeln sich direkt auf dem Blatt.